Mittwoch

Prolog


Ihre eisblauen Augen blicken starr und weit aufgerissen ins Nichts. Der zarte Korall ihrer Lippen ist einem blassen Grauton gewichen. Ihr Mund steht leicht offen, als ob sie noch etwas sagen wollte. Das goldblonde Haar liegt verklebt in einer Lache aus Blut. Ihrem Blut.
Stunden zuvor ging ihr eine Kugel durch den Kopf. Nur Momente davor : die Welt. Brüllend laute Gedanken, die ihr Herz und Seele zerrissen. Bilder und Erinnerungen, die nicht weichen wollten, die sich in ihrer Gedankenwelt manifestiert hatten. Eingebrannt in ihr Inneres. Ihre Hand hatte gezittert, als sie den Waffenschrank ihres Vaters öffnete und die letzte Möglichkeit ergriff, die ihr zu blieben schien, um dem allem zu entfliehen. Ihre Hände hatten auch noch gezittert, als sie die Waffe ansetze.
Sie hatte nicht einmal mehr die Kraft gehabt, um noch zu weinen. Zu viel Mühe und Leid hatte ihr das Geschehene bereitet, als das so etwas Banales wie ein paar Tränen sie hätten befreien können. 
Sie hatte erwartet, dass ihr Leben wie ein Film vor ihren Augen ablaufen würde, so wie es in den Medien immer dargestellt wurde. Aber das passierte nicht. Sie sah nur ihn vor sich. Seine dunklen, zu Schlitzen verengten Augen. Die fettigen Haare ins Gesicht geklatscht, sein keuchender Atem, der nach Whisky roch und seine verfärbten Zähne, die zusammen mit dem Mund ein abscheuliches Grinsen bildeten.
Ein Grinsen, das seit frühester Kindheit ihr galt. Sie dachte an seine tatzenartigen, großen Hände, die so oft ihr Gesicht berührt und die Ketten von Hämatomen an ihren Handgelenken zurück gelassen hatten.
Ihr war auch jetzt als würde er sie nie loslassen. Er beherrschte ihre Gedanken und so auch jeden ihrer Schritte.
„ Ich werde immer an deiner Seite sein, mein Liebling“ hörte sie ihn sagen. Aber diesen Triumph wollte sie ihm nicht gönnen. Sie tat das Einzige, wovon sie sich endlich Freiheit versprach. Sie hörte auf zu zittern und drückte ab.

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