Freitag

Part 1



„Und wenn Worte aufhören einen Sinn zu ergeben,
muss man Gefühle eine Geschichte zu Ende erzählen lassen.“

Man kann nur über das Schreiben, was man selbst erlebt hat. Lina streicht sich die Haare aus dem Gesicht. Ihre Hände sind kalt, sie zittert. Der Weg nach Hause kommt ihr unendlich lang vor. Die Straßen sind sich in der Nacht so ähnlich. Graue Häuser reihen aneinander, davor graue Vorgärten, alles unter einem pechschwarzen Himmel und bedeckt von einer Stille, die nur einsame Sirenen in der Ferne durchbrechen. Schemenhafte Erinnerungen bahnen sich in ihr Bewusstsein – eine Hand an ihrem Rücken, ein Lächeln, eine unbestimmte Sehnsucht. Und diese Augen, diese Augen von einer unergründlichen Tiefe und doch zugleich einer fast familiär anmutenden Nähe. Lina stolpert in der Dunkelheit, fängt sich unsanft mit den Händen am Bordstein auf. Die plötzlich unerwartete Realität trifft sie hart. Es ist wirklich passiert. Das hier, dieser Moment, kein Traum. Ihre Handflächen brennen, in den Abschürfungen sammelt sich langsam ihr Blut. Lina seufzt. Sie steht auf, klopft den Staub aus ihrer Jeans. Ihr Blick wandert in den dunklen Nachthimmel. Das Licht der Stadt ist so hell, dass sich die Sterne am Firmament nur erahnen lassen. Noch immer fühlt sich alles so surreal an. Als wären die letzten Stunden einer ihrer wirren Träume gewesen, die sie jede Nacht in so großer Zahl heimsuchen. Lina weiß nicht ob das Gefühl in ihrer Brust Glück ist – es ist nicht greifbar. Langsam setzt sie ihren Heimweg fort. Ihre Gedanken lassen das Geschehene Revue passieren. Oft hatte Lina gedacht, sie hätte das Leben verstanden, das große Geheimnis durchblickt. Jedes Mal war sie eines besseren belehrt worden. Dieses Mal verstand sie gar nichts. Und wenn sie ehrlich zu sich selbst war, dann wusste sie, dass sie nichts verstehen wollte. Was gerade mit ihr passierte, das war keine Sache des Verstands, kein kognitiver Vorgang, keine Logik. Es war Gefühl. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Sie war berauscht von Wahrnehmungen, die sie so zuvor nie erlebt hatte. So sehr sie versuchte einen Anfang zu rekonstruieren, es gelang ihr nicht einen Ausgangspunkt auszumachen für das Gefühl der Unendlichkeit, das sie in jeder Faser ihres Körpers durchdrang. Er hatte die schönste Augen in die sie jemals geblickt hatte und das nicht, weil ihre Farbe so besonders, oder der Ring um seine Pupille so einzigartig waren, sondern weil sie etwas ausstrahlten, von dem Lina nicht einmal bewusst gewesen war, dass sie es in ihrem Leben vermisste. Der Nachtwind schlug ihr kühl entgegen als sie endlich in den Hof  vor ihrem Haus einbog. Als sie an diesem Abend losgezogen war, hatte sie eine ausgelassene Feier erwartet und nicht das. Sie war die Stufen zum Club hinabgestiegen, hatte ihren Blick über die ausgelassenen Menschen schweifen lassen und war zur Bar gegangen. Der Alkohol – ein wesentlicher Bestandteil dieses Abends, der jetzt zu Hause ihr Bett in ungleichmäßigen Kreisen drehen ließ und jegliche logische Nachvollziehbarkeit ihrer Gefühle ausgeschaltet hatte – schmeckte bittersüß. Ein Geschmack, der für Lina das Leben in seiner Eigenartigkeit am besten beschrieb. „Man darf sich nie zu sicher sein“, hatte ihr Großvater immer gesagt, „Hinter jeder Ecke könnte das Schicksal auf einen warten.“ Aber Jonas stand hinter keiner Ecke, sondern direkt neben ihr. Er lächelte sie an, er sprach mit ihr. Auch wenn die beiden keine gemeinsame Geschichte verband, waren sie einander nicht unbekannt. Umso außergewöhnlicher erscheint das, was sich an jenem Abend zwischen den beiden zu entwickeln schien. Der Ursprung dieser Gedanken und vor allem Gefühle blieb Lina ein Rätsel – war es eine Berührung, ein Wort oder ein Lächeln gewesen? Eine stille Übereinkunft, dass man sich füreinander interessierte? Aber es war mehr als bloßes Interesse. Es war eine tiefe innere Anziehung, eine seltsam fremde Macht, die sie ergriffen zu haben schien. Keine Anziehung, die sich leicht durch Alkoholkonsum und das schummrige Licht hätte erklären lassen. Das was da passiert war, war tiefer. Es war fester in ihre Seele und ihr Herz eingebrannt als ihr lieb war. Es tat weh, körperlich. Das Gefühl zerdrückte ihr förmlich den Brustkorb. Es ergriff ihr Herz und drückte mit aller Kraft zu. Einzig und allein sei Blick schien sie von dem Schmerz zu befreien. Auch Jonas schien zu bemerken, dass das was gerade passierte, nicht normal war. Als Lina schließlich gehen wollte, weil sie dieser Anziehung unmöglich länger widerstehen konnte, folgte er ihr, obwohl die beiden sich bereits verabschiedet hatten. Der Drang sie zu küssen überwältigte ihn, aber er war standhaft genug nicht nachzugeben. Ihm war sofort bewusst gewesen, dass es von unabdingbarer Wichtigkeit war, diesmal nichts falsch zu machen, zu überstürzen. Er ließ sie gehen.
Lina wachte auf, ihr Kopf benebelt vom restlichen Alkohol, war ihr für einen kurzen Moment nicht bewusst, was Realität und was Vorstellung gewesen war. Nur einen Moment nach dem Aufwachen schlug das Gefühl erneut zu. Ihre Brust wurde schwer, ihre Atmung war so unregelmäßig, als hätte sie einen Dauerlauf hinter sich. Die Sehnsucht nach ihm überwältigte Lina. Sie fühlte sich krank, schwach und ein wenig jämmerlich. Ihr Verstand versuchte ihr zu helfen, doch seine Bekundungen, wie lächerlich und infantil ihre Gefühlsregungen waren, deprimierten Lina nur noch mehr. Sie rappelte sich auf, schleppte sich ins Bad. Die Nachrichten auf ihrem Smartphone fügten sich perfekt in das verwirrende Bild der letzten Nacht. Eine Mischung aus Texten an Jonas und ihre Freundinnen, in denen sie versuchte zu erklären oder überhaupt erstmal zu verstehen und zu begreifen, was mit ihr passierte. Auch die kalte Dusche brachte ihr keine neue Erkenntnis. Es war als würde das alltägliche Leben an ihr vorbeiziehen und sie würde es von außen betrachten. Die lärmenden Autos auf der Straße, das Geräusch des fließenden Wassers aus der Leitung, das Knacken der Dielen unter ihren Füßen – alles war so nah und gleichzeitig so fern. Es war nichts passiert. Eigentlich war doch gar nichts passiert. Alles was sie erlebt hatte, war Gefühl. Keine Handlung, keine Aktivität – alles war passiv und doch zu bewegt. Ihre Gefühle fuhren im buchstäblichen Sinn Achterbahn. Und das wegen einer Person, die sich doch eigentlich gar nicht kannten. Jonas würde später sagen, dass er in Linas Augen Zuhause gesehen hatte und Lina würde diese Aussage ungesehen unterschreiben. Doch jetzt in diesem Moment, hier unter der Dusche am Morgen danach, da war alles was Lina verspürte blanke Unsicherheit. Ihre Gedanken waren rastlos, nichts konnte sie an diesem Tag beschäftigen. Alle aufgegriffenen Fäden führten letztendlich zu ihm. Zu seinem Lächeln, seine Augen, seinem weichen Haar, in das sich ihre Hand in einem unvorsichtigen Moment verirrt hatte. Das Glück, das Lina verspürte fühlte sich verboten an. Sie hatte das Gefühl diese Nähe, diese Intimität und ja, diese besondere Verbindung nicht verdient zu haben. Zudem erschien ihr der Zeitpunkt für dieses Gefühlschaos denkbar schlecht, war doch alles gerade geordnet und in seinen Bahnen verlaufend von sich gegangen. Ihr Studium war zu Ende, die Berufssuche zwar zermürbend und wenig ertragreich, aber noch nicht vollständig frustrierend. Jonas war wie ein Meteorit auf ihrem kleinen, zwar nicht perfekten aber dafür zufriedenstellend geordnetem Planeten eingeschlagen. Er hatte Feuer und Apokalypse ausgelöst und Gefühle zum Vorschein gebracht, von denen Lina nicht einmal zu träumen gewagt hätte. All die Filme und Bücher, Hollywood und Disney – sie hatten die Liebe so verklärt und übertrieben, dass ihr nicht bewusst gewesen war, dass diese gespielten und aufgeschriebenen Gefühle doch auf einer Wahrheit beruhen könnten. Es war ihr nie in den Sinn gekommen, dass die Liebe auch im wahren Leben so sturmhaft, intensiv und unergründlich sein konnte, wie sie es in all den romantischen Komödien und Dramen war. Schon allein deswegen erschienen ihr all ihre Gefühle und ungestümen Gedanken surreal und unvollständig.
Lina wusste sich nicht zu helfen. In den darauffolgenden Tagen versuchte sie sich in Realität, die banaler kaum hätte sein können. Selbst einfache Aufgaben überforderten sie, ihre Aufmerksamkeit und die Konzentration auf überhaupt irgendetwas waren gänzlich unvorhanden. Sie versuchte so zu tun, als wäre sie ihm nie begegnet. Als wäre alles immer noch, wie zu Beginn der Woche.  Auch wenn sie es nicht wahrhaben wollte, ihr war durchaus bewusst, dass sie sich selbst belog. Das was da in ihr und mit ihr passierte, war mehr, viel mehr als sie zugeben wollte.

Samstag

Mein Mädchen

Wind in den Haare. Die Welt zu ihren Füßen. Viele, kleine Lichter erhellen ihre Stadt. Müdigkeit ein Fremdwort. Wir haben seit Tagen nicht geschlafen. Ringe unter ihren Augen, sie machen dich so verdammt sexy. Ihre Stimme ist versoffen. Und wie sie so an ihrer Kippe zieht, möchte ich sterben bei ihrem Anblick. Da ist soviel, was mir an dir gefällt. Manchmal möchte ich sie sein. Die Dinge nehmen wie sie kommen. Doch wenn sie in den Zug steigt, bin ich wieder ich. Der seltsam gebrochene Mensch, der ich schon immer war. Du machst mich gut. Du machst mich besser. Dein Körper macht mich verückt. Du bist die schönste Frau für mich. Ich wär so gern Du.

Montag

Novembermorgen

Schlaf gut, sagte er und küsste ihre Stirn. Sie vergrub ihr Gesicht in den Kissen, damit er ihre Tränen nicht sehen konnte. Erst als sie die Eingangstür zuschlagen hörte, hob sie ihren Kopf und wischte sich mit der Hand die verschmierte Wimperntusche aus dem Gesicht, auch auf dem Kopfkissen hatte sie Spuren hinterlassen. Sie seufzte und ließ den Kopf zurück in die Kissen fallen. Überall an ihrer Bettwäsche klebte sein Geruch. Die Bilder der letzten Nacht stiegen ihr schemenhaft ins Gedächtnis. Seine weichen Hände auf ihrer Haut. Seine Küsse, die soviel versprachen von dem sie wusste, dass er es nie einhalten würde.
Mühsam quälte sie sich aus dem Bett und streifte ihr altes Bandshirt über. Auf Zehenspitzen lief sie langsam über die kalten Fließen in die Küche. Sie holte die große gelbe Tasse aus dem Schrank und kochte Tee. Sie stellte ihn zum Abkühlen auf die Theke und sah aus dem Fenster.
Geschäftige Menschen, dachte sie. Auf der großen Straße vor ihrer Wohnung war trotz des frühen Morgens viel los.
Sie streckte sich und gähnte. Mit der Tasse Tee in der Hand schlich sie zurück ins Schlafzimmer. Sie fragte sich selbst, warum sie das so behutsam tat, es war niemand da, den sie wecken konnte.
Sie war allein. Nur sie und sein Geruch an ihren Bettlaken. An der Fensterscheibe hatten sich Wassertröpfchen gebildet, draußen herrschten bereits Minusgrade. Der Sommer war viel zu schnell vergangen und mit ihm schien auch ihre Leichtigkeit zu verblassen. Sie erinnerte sich an das geblümte Sommerkleid, dass er ihr im Juni in Italien gekauft hatte. Sie öffnete den Kleiderschrank und holte es heraus. Der seidige Stoff ließ sie das Gefühl von Sonne auf der Haut spüren. Sie dachte an sein Versprechen von damals. Wie hatte sie nur so naiv sein können. Sein Herz gehörte nicht ihr. Aber er hatte ihres gestohlen, wie ein Dieb. Er hatte ihr das Blaue vom Himmel versprochen und doch ließ er sie jeden Morgen allein zurück, das einzige was ihr jedes Mal blieb war sein Geruch und die Erinnerung an die Zeiten in denen sie noch an das Gute in ihm glaubte.

Sonntag

Medley

Wie in einem Rausch fliegen meine Finger über die Tasten - Bilden Worte. Sätze.
Übermitteln Gefühle von denen ich zur Zeit nur träumen kann.
Bonnie und Clyde Gefühle.
Drops of Jupiter and now that she is back in the atmosphere.
So in diese Richtung etwa. Weit weg von der richtigen Welt. Romantisch verklärte Gedanken, die der Erkenntnis folgen, dass das "you" in I will wait von Mumford and Sons jeden da draußen betreffen könnte. Da sind so viele Dinge, die ich nicht nur sehen, sondern spüren will. Ich will sie erfahren, ihnen nah sein und alles aufsaugen wie ein Schwamm. Ich will Großes tun. Schreiben. Etwas hinterlassen. Glück erfahren. Leben sammeln. Ich will das Salz auf deiner Haut schmecken.
I never will forget those nights, I wonder if it was a dream
Remember how you made me crazy? Remember how I made you scream ?
In langen warmen Nächten das Gras unter mir, aber genauso die Sterne über mir spüren. Ich will fühlen, dass ich nichts bin im Vergleich zu allem. Festgebissen im Leben und ich lasse nicht los. Nein, ich lasse nicht los. Ich will es. So und nicht anders. And I fell heavy into your arms.
Jedes Gefühl auf diese Art spüren. Intensiv. Ich will himmelhoch jauchzen und ich will zu Tode betrübt sein. And it was your heart on the line. I really fucked it up this time. Didn't I, my dear?
Die Monotonie des belanglosen Seins überwinden. Leidenschaft fühlen. Intensität.
We thought it came from the heart.

Das ist es.
Und die Sternen lügen uns an.

Samstag

Leben spüren

Manchmal habe ich dieses überwältigende "Alles wird gut, egal was passiert" - Gefühl. Das ist dann, als würde ich platzen vor einer Art Urvertrauen in das Leben und vor Glück, ja vor wahrhaftigem, flüchtigem Glück. Aber in diesem Moment ist das völlig gleich. Es ist egal. Weil einfach alles gut gehen wird. Das ist Leben spüren pur auf eine so unverblümte Weise. Alles ist so real und echt, und du kannst es fühlen. Du glaubst dein Herz platzt und du willst in die Luft springen, den Wind in den Haaren spüren, schmecken, riechen, fühlen. Alles auf einmal. Tausend Eindrücke prasseln auf Dich ein, an denen du sonst ohne Acht vorbeigelaufen wärst. Es ist so ein wunderbares Gefühl. Du denkst nichtmal darüber nach, es ist einfach da und es ist gut wie es ist. Es ist erfüllend. Du wirst überflutet mit Eindrücken. Alles ist viel intensiver, bunter, wahrhaftiger. Besser als jede Droge, die dir in den Sinn kommt. Du lebst.

Dienstag

Zeit

Die Stunden verlaufen im Nichts.
Du versuchst nach der Zeit zu greifen, aber es ist dir unmöglich sie zu halten.
Den Moment zu fassen in dem du lebst, diese nichtige kleine Sekunde im Vergleich
zu dem Alter der Welt.

Wir beschäftigen uns so sehr mit Vergangenheit und Zukunft, dass
wir das Hier und Jetzt außer Acht lassen, dass wir im Strom der Zeit verloren gehen.
Gefangen im Treibsand aus Sekunden, Minuten, Stunden, Tagen, Wochen, Jahren gar Jahrzehnten. 
Sie läuft unaufhörlich weiter, ob wir den Lauf der Dinge akzeptieren oder nicht.

Am Ende zählt im Leben nicht die Zeit, die man hinter sich gebracht hat.
Die Arbeit, die man geleistet hat. Den Erfolg, den man errungen hat.
Das Geld, dass man verdient hat. Den Beifall, den man bekommen hat.
Nein, es zählen die Stunden in denen man glücklich war.
Nur darauf kommt es an.

Samstag

Es ist nicht vorbei Junimond, noch lange nicht.

Du schminkst dich ab.
Bunte Farben bleiben zurück in dem Tuch.
Doch das, was im Spiegel zum Vorschein kommt erkennst du nicht.

Wo auf dem Weg hast du dich verloren?
Deine Prinzipien und Moral über Bord geworfen?
Wann hast du dich entschieden, zwar das Allein sein mit Belanglosigkeiten.
zu bekämpfen, aber die Einsamkeit zu fördern?
Wann ist dir dein verdammtes Leben ab Handen gekommen?
Wo bist du falsch abgebogen, dass du heute hier stehst?

Gebrochen.
Nur ein Schatten deiner Selbst.
Ein ausdrucksloses Spiegelbild.
Ein starres Gesicht.

Grotesk, so mit dem Rest der Farbe im Gesicht, denkst du dir.
Du nimmst das nächste Tuch, schminkst dich ab, löscht das Licht.
Und du legst dich in dein Bett.

Auf eine weitere traumlose Nacht.

Kopfschussgedanken

Das Licht der Straßenlaterne scheint durch mein Fenster.
In meinem Kopf unfertige Sätze.
Stumme Unruhe hält mich wach.
Es ist als würde man versuchen zu schreien, aber jemand
hält einem den Mund zu.
Die Worte sind da, aber sie kommen nicht durch.
Sie können diese unsichtbare Schicht der Bedeutungslosigkeit nicht durchdringen,
aber sie liegen auf meiner Brust, wie Steine und machen mich atemlos.
Sie nehmen mir jeglichen Willen etwas zu ändern.
Sie drücken mich in die Laken, aber halten zugleich meine Augen offen,
damit sie mit mir spielen können.
Sie sind kleine Biester, diese Kopfschussgedanken.

Sie verdrehen die Wahrheit und lügen dir eine andere Wirklichkeit vor.
Sie lassen Dich nicht los.
Sie stellen Dir eine Welt vor, die ohne Dich besser dran wäre.
Sie machen Dich zu dem Sündenbock deines eigenen Universums.
Sie nehmen dir jedes Gefühl und ersetzen es durch monotones Schweigen.
Sie machen die Stille unerträglich.

Und sie lassen Dich Texte schreiben.
Texte, wie diesen, von denen du hoffst, dass sie irgendwann der Vergangenheit angehören. 

Dienstag

Ein Traum, eine Idee und nicht mehr

Alles, was ich schreibe, macht mich unzufrieden. Trotzdem habe ich den furchterrgenden Drang mich mitzuteilen, aber nichts von dem, was ich sage, hat Bedeutung. Es sind sinnlos aneinander gereihte Phrasen und Gedanken, die mich wütend machen, aufgrund ihrer Bedeutungslosigkeit, ihrer Nichtigkeit, sobald sie ausgesprochen sind. Sie sind nichts wert. Wie ich. Wie mein Dasein. Wie Jedermanns Dasein. Das Leben ist eine einzige sinnlose Lachnummer. All das, was man sich von ihm wünscht, findet man nur in Filmen, in einer Scheinwelt, die uns suggeriert wie alles sein müsste, wie wir perfekt wären. Aber das ist eine Utopie. Eine lächerliche kleine Utopie, die sich jeder von Herzen wünscht, aber die keiner jemals erreichen wird. Wir können nur davon träumen und an unseren Träumen zu Grunde gehen. Mehr bleibt uns nicht.

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.

Du sitzt am Fenster.
Siehst dem Schnee zu, der vom Himmel fällt,
Hättest tausend bessere Dinge zutun, aber dein Herz lässt keine Ernsthaftigkeit zu.
Nicht heute. Nicht morgen.
Vielleicht nie wieder.

Du vermisst ihn.
Seinen Geruch. Seine Stimme. Sein Lächeln.
Alles. Einfach alles an ihm.

Dein Leben steht auf dem Kopf.
Und du siehst nur hilflos zu.
Du bist gefangen und gefesselt von deinen Gefühlen.

Während der Schnee leise vom Himmel fällt.

Sonntag

Sonntagsgeflüster

Lange Nächte und kurze Tage,
Stunden voller Tanzwut und Euphorie, neben der Einsamkeit des dahingelebten Tages.
Unruhe im Herzen, die sich nach mehr sehnt. Mehr als das, was das Helle uns bieten kann.
Wir wollen die Dunkelheit zurück, die ihre Schatten um uns legt und uns befreit von dem Licht und der Wahrheit.
Ein Konstrukt aus Lügen, eine Mauer aus Trug und Schein.
Aber ein Gefühl keinesgleichen. Eine Liebe zu der verhassten Welt.
Dunkelheit in der Helle des Tages, ein Moment des Lebens im Tag der Struktur.
Ein Ausbruch.
Ein Neuanfang.
Hier und Jetzt.
Ein Stück Dunkelheit in der heilen Welt, das für Menschen wie mich Leben bedeutet.

Dienstag

Wir bleiben wach bis die Wolken wieder lila sind.

Ich steige aus dem Zug, doch hier bin ich nicht mehr zu Hause.
Die Umgebung kenne ich blind , doch sieht heute alles so fremd aus.
Menschen laufen umher. Bekannte Gesichter, doch ich kenne sie nicht mehr.
Sie sind mir fremd, wie das Leben, dass ich damals hatte.
Es ist noch gar nicht lange her, dass ich hier her gehörte,
ein Teil dieser Stadt war.
Doch hier bin ich nicht mehr zu Hause,
denn mir gehört die Welt.

Mittwoch

Genauso und nicht anders

Aber ganz ehrlich? Wir waren gerade 13. Ständig zusammen unterwegs, oft erfanden wir Lügen damit wir länger draußen sein konnten. Oder wir schlichen uns raus. Wir hatten einen Bekannten. Rolf. Immer wenn wir etwas wollten gingen wir zu ihm und er kaufte uns das Zeug an der Tanke, und sagte noch ganz offen dazu: Alles was die Mädchen da so anschleppen. Die Verkäuferin hatte dafür immer nur einen müden Blick übrig. Natürlich vertrugen wir nicht viel. Wir waren schließlich keine Kampftrinker. Das meiste endete im Gulli, aber wir fühlten uns so gut, so frei. Wir zogen uns schwarz an, mit vielen Nieten, dunkel geschminkt. Hauptsache auffallen. Anders sein. Zu denen gehören die "anders" waren. Wir lagen stundenlang zusammen am Boden und sahen in den Himmel, egal ob Tag oder Nacht, egal ob Wolken oder Sterne. Und wir lachten. Wir lachten bis unsere Gesichter nass waren von unseren Tränen. Und wir küssten uns. Nicht leidenschaftlich, sondern aus tiefester Verbundenheit. Wir beendeten die Sätze des anderen. Wir konnten uns verständigen ohne ein Wort zu sagen. Wir wussten schon damals, dass es nicht für immer war. Dafür war es zu gut, zu intensiv. Immer wenn wir uns wieder sahen erlebten wir unvergessliches. Wir machten jeden Moment zu zweit zu einem Moment für immer. Und wenn ich heute daran denke, dann möchte ich platzen vor Glück, dass es dich gibt. Und weil ich weiß, dass immer wenn wir uns wiedersehen dieses Gefühl weitergeht. Egal wie viel Zeit vergangen und wie viele Dinge geschehen sind. Wir schließen uns in die Arme und da ist es wieder, diese unbändige Freiheit, dieses Gefühl wieder 13 zu sein und alles was wir tun, eigentlich verboten ist. Und das ist gut so, denn so wollten wir es haben, genauso und nicht anders, denn du bist meine Seelenverwandte.

Samstag

Smells like teen spirit

Wir hörten Nirvana. 
Die Luft war noch voll vom warmen Dampf des Tages, 
dabei war die Nacht schon über uns herein gebrochen.
Wir sahen auf zu den Sternen, die wie tausende kleine Laternen unseren Weg erhellen würden,so dachten wir zumindest. Wir wollten soviel vom Leben, fast etwas zuviel.
Wir wollten spüren, was mit uns geschieht. Wir waren so gierig auf das Leben. 
So durstig nach jedem Gefühl, egal welcher Art es auch sei. 
Selbst der Schmerz erschien uns als etwas nach dem man sich verzehren sollte, weil es soviel besser war als das dumpfe Nichts, das uns so viele Jahre zuvor umgab. 
Es war ein Leben für den Sinn gewesen. Den Sinn, den sie uns verkauft hatten. 
Heimlich und doch aufgezwungen, so das man es kaum merkt.
Doch plötzlich war alles anders.
Als hätten sie uns die Ketten abgenommen mit denen wir geboren worden waren.
Als hätte sich uns ein Tor in eine weite Welt geöffnet und wir stünden davor und müssten nur den ersten Schritt machen, losgehen, gar rennen.

So standen wir nur da und starrten in den Himmel.

Freitag

Begebenheit

Ich habe einen Mann gesehen am Bahnhof. Er sah aus wie Van Gogh.
Er sah mich an und ich sagte: Sie sehen aus wie Van Gogh.
Er nickte und sagte: Danke.

Sonntag

Alles

Tausende von Menschen verschwimmen zu einer Masse unter dem dröhnenden Bass der Boxen.
Jeder von ihnen ist eine einzelne Persönlichkeit, aber sobald die Musik läuft, ist alles vergessen.
Jede Spur der Individualität verloren. 
Es entsteht eine große Masse. 
Eine laute, brüllende, schwitzende aber unendlich glückliche Masse. 
Ein Gefühl von Freiheit. 
Grenzenloser Freiheit und das obwohl man enger kaum stehen könnte.

Eine Definition

Hunger ist so ein verdammt süßliches Gefühl. Es ist so stark und so intensiv. Ich fühle es nicht nur in meinem Magen, sondern vor allem in meinem Kopf. Es setzt Hormone frei und lässt mich das Leben spüren. Das Blut pulsiert in meinen Adern und im Hunger bin ich mir dessen bewusst.
Es ist wie ein Wahn. Ein riesiger, dumpfer, stiller Wahn, der nur von sich selbst lebt.
Eine Episode von Glücksgefühlen in Mitten einer LKW Ladung von Melancholie.
Ein letzter Atemzug vor dem Untertauchen.
Der letzte Ton eines Meisterwerks.
Der letzte Strahl der untergehenden Sonne vor der ewigen Nacht.
Massen brüllender Menschen und ich, ganz still, mittendrin.

Freitag

Ein Gefühl für alles

Stürme da draußen, aber der Kopf wunderbar frei.
Dunkle Gewitterwolken - apokalpytisches Schwarz türmt sich am Himmel auf.
Aber die Luft ist klar und rein, frei.
Ich sitze draußen und bewundere die Naturgewalt in Form von Blitz und Donner.
Unbändig warte ich auf den Regen, der herunterkommen wird und die Welt unter Wasser setzt,
damit alles noch einmal von vorne beginnen kann.
Jeder Blitz löst einen Stromschlag in mir aus, der unendliche Befriedigung mit sich zieht, weil ich mich so winzig und nichtig fühle und das Große und Ganze für einen Moment zu begreifen scheine.
Wie es immer düsterer wird und das Licht langsam, aber stetig weicht und das dumpfe Grollen des Donners immer näher rückt und viel deutlicher wird,  und das Gefühl die Welt zu bestaunen immer mächtiger werden lässt.
So sitze ich da, beobachte zuckende Blitze am Himmel, den rauschenden Wind in den Blättern und die vielen kleinen Lichter der Stadt unter mir.
Und ich fühle mich so verdammt gut dabei.

Donnerstag

I can feel it coming in the air tonight...

Laute Musik - Dröhnender Bass.
Du schaust mir in die Augen.
Unzählige Menschen - extreme Hitze.
Du berührst meine Hüfte.
Der Beat wird langsamer.
Du ziehst mich an dich heran.

Ich spüre deinen Atem an meinem Ohr.
Die Musik spielt mit.
Mein Gehirn ist vollständig leer, aber in meiner Brust explodieren die Gefühle.
Die Zeit steht still.
Wir beide wissen, was passiert.

Du siehst mich an, lässt mich los und sagst: Lass uns die anderen suchen.


Und du hast mir mein Leben gerettet.

Montag

Manchmal...

Manchmal habe ich den Drang furchtbar dekadent zu sein.
Ich kaufe Dinge, die ich überhaupt nicht brauche mit Geld, das ich eigentlich nicht habe.
Der Versuch etwas zurück zu holen, das längst im Dunklen verloren ging, auf dem Weg zurück blieb.
Etwas, das einsam und verloren macht, wenn man es nicht besitzt.
Etwas, das mit Geld nicht zu kaufen ist, das einem ein großes Loch ins Herz reißt.
Und doch gehen wir dieses Risiko ein, jedes Mal aufs Neue.
Nur weil immer die Hoffnung bleibt diese Utopie irgendwann zu erreichen und festzuhalten.
Nur aus diesem Grund möchte ich manchmal einfach dekadent sein.

Donnerstag

Weisheit aus dem Keks.

4.47 Uhr
Ich krame hektisch in der Kiste mit Süßigkeiten,
die gesammelt habe, weil ich Angst davor habe, sie zu essen.
Nach einer gefühlten Ewigkeit halte ich ihn in der Hand.
Einen uralten Glückskeks, den man mir aufs Bett gelegt hatte.
Ich breche ihn auf und ziehe den dünnen Papierstreifen heraus.
Halte ihn erst noch fest in der Hand und bitte das Universum mir endlich
die riesigen, stumm in der Luft stehenden Fragen nach dem "Warum" zu beantworten.
Eine Minute vergeht und ich lese den Zettel,

"Dein Leben wird durch ungewöhnliche Erfahrungen bereichert."

Montag

Liebe

Sie : "Kann ich mir ein paar Socken von dir leihen?"
Er: "Ja, Moment." Er öffnet die Schublade und zieht einen einzelnen Socken hervor.
"Hm. Es ist nur noch einer da. Warte" Er bückt sich und zieht seinen rechten Socken aus.
"Hier bitte, du kannst meinen haben."

Sonntag

Abendrot

Im Halbdunkeln des Abends stehe ich auf der Mauer, blicke Richtung Westen,
wo noch das restliche Licht der Sonne erkennbar ist.
Die Luft ist angenehm kühl und etwas süßlich, fast wie damals.
Ich denke an vergangene Zeiten, an das was einmal war.
Vor mir sehe ich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Ungewiss, was kommen wird, breite ich die Arme aus und lass mich fallen.
Einfach fallen.

Freitag

Mirage

An der Bar stehen eine griechische Gottheit und Bismarck und stoßen mit einem Glas Sekt an.
Ein Eisbär und Michael Jackson gehen gemeinsam auf Weiberjagd.
15 Minuten lang werde ich von einem Affe durch die Gegend getragen
Auf dem Weg zur Toilette sehe ich eine kotzende Prinzessin und
bei dem Anblick des Zebras denke ich, man sollte das Wort "Pferdearsch" in "Zebraarsch" umbenennen.
In der Ecke knutschen ein Soldat und eine Biene miteinander
 und ein Anzugträger wird vor die Tür gesetzt.
Es laufen zahlreiche Superhelden umher, deren Anzüge keinen Raum für Spekulationen lassen
und der Boden klebt mittlerweile vor alkoholischen Substanzen.
Es tanzt ein Pirat mit einem Cowboy und ein paar Steinzeitmenschen verursachen Tumult.
Die Hitze ist unerträglich und draußen im Regen beißt mich der Affe in den Hals und ich rate ihm nächstes Jahr als Vampir zu kommen.

Montag

Mediengewalt

Eine große weiße Leinwand, darauf zu sehen:
Ein Film, der sich mein Leben nennt.
Eine groteske Darstellung der Wirklichkeit mit Starbesetzung.
Mal Drama, mal Komödie. Fazinierend inszeniert.
Mit brillanten Farben und 1a Grafik.
Dolby Surround System und natürlich in HD -
schärfer als die Realität.

Sonntag

Dein Geruch

Ich steige in den Aufzug.
Da rieche ich ihn, den Geruch von Wildleder und Marlboro Zigaretten.
Es gibt viele Marken und Sorten aber diesen Geruch erkenne ich immer,
es ist dein Geruch.
Und plötzlich fühle ich mich wie damals als ich 6 Jahre alt war und
meine Mutter in der Küche stand und weinte, wegen Dir.
Ich erinnere mich an deine unzähligen, sporadischen Besuche bei uns
und an die Nächte, die ich danach wach lag und stumm die Welt fragte,
warum du uns verlassen hast.
Das Gefühl wird mit jedem Jahr leichter,
aber es bleibt immer dieser fahle Geschmack zurück,
wenn ich kurz in den Spiegel sehe und du mir entgegen blickst,
oder eben, wenn ich ihn rieche,
den Geruch von Wildleder und Zigaretten,
Deinen Geruch.

Mittwoch

Prolog


Ihre eisblauen Augen blicken starr und weit aufgerissen ins Nichts. Der zarte Korall ihrer Lippen ist einem blassen Grauton gewichen. Ihr Mund steht leicht offen, als ob sie noch etwas sagen wollte. Das goldblonde Haar liegt verklebt in einer Lache aus Blut. Ihrem Blut.
Stunden zuvor ging ihr eine Kugel durch den Kopf. Nur Momente davor : die Welt. Brüllend laute Gedanken, die ihr Herz und Seele zerrissen. Bilder und Erinnerungen, die nicht weichen wollten, die sich in ihrer Gedankenwelt manifestiert hatten. Eingebrannt in ihr Inneres. Ihre Hand hatte gezittert, als sie den Waffenschrank ihres Vaters öffnete und die letzte Möglichkeit ergriff, die ihr zu blieben schien, um dem allem zu entfliehen. Ihre Hände hatten auch noch gezittert, als sie die Waffe ansetze.
Sie hatte nicht einmal mehr die Kraft gehabt, um noch zu weinen. Zu viel Mühe und Leid hatte ihr das Geschehene bereitet, als das so etwas Banales wie ein paar Tränen sie hätten befreien können. 
Sie hatte erwartet, dass ihr Leben wie ein Film vor ihren Augen ablaufen würde, so wie es in den Medien immer dargestellt wurde. Aber das passierte nicht. Sie sah nur ihn vor sich. Seine dunklen, zu Schlitzen verengten Augen. Die fettigen Haare ins Gesicht geklatscht, sein keuchender Atem, der nach Whisky roch und seine verfärbten Zähne, die zusammen mit dem Mund ein abscheuliches Grinsen bildeten.
Ein Grinsen, das seit frühester Kindheit ihr galt. Sie dachte an seine tatzenartigen, großen Hände, die so oft ihr Gesicht berührt und die Ketten von Hämatomen an ihren Handgelenken zurück gelassen hatten.
Ihr war auch jetzt als würde er sie nie loslassen. Er beherrschte ihre Gedanken und so auch jeden ihrer Schritte.
„ Ich werde immer an deiner Seite sein, mein Liebling“ hörte sie ihn sagen. Aber diesen Triumph wollte sie ihm nicht gönnen. Sie tat das Einzige, wovon sie sich endlich Freiheit versprach. Sie hörte auf zu zittern und drückte ab.

Dienstag

Zwischen Depression und Größenwahn

Er war ein Poet, ein verdammt großartiger Poet.
Ein Exzentriker keines gleichen.
Begnadet mit einem Talent.
Er gibt mir das Gefühl nicht allein zu sein.
Er spricht aus meiner Seele.
Sein Leben war die Kunst, nichts als die pure Kunst. Lebenskunst.
Unsagbar viel Gefühl unter einer undursichtigen, überspielten Fassade.
Ein Mensch an seinen Grenzen.
Zwischen Depression und Größenwahn.
Ein Mensch, wie ich.

Naturgewalt

Ich steige aus dem Bus, laufe nach Hause. Zu meiner Rechten türmen sich schwarze Wolken über den Häusern. Blätter fliegen umher, wie tausend kleine dunkle Insekten. Zu meiner linken blauer Himmel, die Sonne strahlt mir entgegen. Ein heftiger Wind weht mich fast um und gibt mir das unsagbar gute Gefühl von Freiheit. Ein apokalyptischer Anblick. Direkt über mir bricht der blaue Himmel aus den düsteren Wolken hervor. Ich beeile mich nicht, ich genieße das verdammt gute Gefühl, das mir der Anblick verschafft. Besser als die meisten Drogen, die ich je probiert habe. Die Endlichkeit und die Nichtigkeit werden mir deutlich, die ein einzelner Mensch bedeuten kann. Und gerade als ich die Treppen hinauf steige und unter dem Vordach stehe, genau in diesem Moment bricht es hinter mir in Strömen aus. Sinnflutartig schüttet es Wasser vom Himmel, von links schimmert mich aber die Sonne an und zaubert mir ein fettes Grinsen ins Gesicht.

4.29 Uhr

Das Leben kann so geil sein,
wenn die Musik laut und der Kopf leer ist.

Silvestererinnerung

Ich steige aus dem Fenster auf das Dach der alten Firma. Es regnet in Strömen. Meine Boots rutschen auf den Ziegeln aus. Mein T-Shirt ist sofort durchgeweicht. Ich zittere am ganzen Körper, meine Zähne schlagen ruckartig im Sekundentakt aufeinander. Doch das alles macht mir nicht das geringste aus. Ich bin total drauf. Ich spüre die Kälte und den Regen nicht. Ich stehe ganz oben und starre in den hell erleuchteten Nachthimmel. Überall bunte, funkelnde Lichter, lautes Knallen und ein heftiges Regengeräusch. Von drinnen tönt mir derbster Hard Rock entgegen. Ich sehe tausend helle Lichte der Laternen und darüber ein riesiges Feuerwerk.  Die Stadt versinkt in einem Rauchnebel und ich stehe einfach darüber und starre hinunter. Ich hebe die Arme und fühle mich so verdammt frei.



"Du hast ein gutes Gefühl
Du denskt an all die schönen Zeiten
Es ist fast zu viel
Jetzt im moment neben Dir zu stehen
Du hast kein klares Ziel
Aber millionen Möglichkeiten
Ein gutes Gefühl
Und du weisst es wird gut für dich ausgeh'n
Jetzt stehst du hier
Und du hörst nicht auf zu lachen
Die Welt gehört Dir
Und der Rest deines Lebens beginnt"
 
( Die Ärzte - Himmelblau )

Donnerstag

William Blake

" Men are admitted into heaven not because they have curbed und governd their passions or have no passions, but because they have cultivated their understandings. "

" Die Menschen werden in den Himmel aufgenommen, nicht weil sie ihre Leidenschaft gezügelt und besiegt oder gar keine Leidenschaften hätten, sondern weil sie ihr Verständnis der Dinge kultiviert haben. "

Könnte ein Moment doch ewig dauern...

Sie liegt neben Ihm
Ihr langes Haare bedeckt ihren nackten Rücken
Sein Leben hängt mit einem Blick an dem Ihrigen
Er findet sie wunderschön, ihre Anmut beeindruckt ihn
Sie nimmt seine Hand und spielt mit seinen Fingern
Nie wird sie die Magie dieses Augenblicks vergessen
Es war mehr als nur Lust und Leidenschaft, denen sie sich hingaben
Es war wie die Vollendung dieser Welt
Ein Moment des Stillstands
Alles um die Beiden war
nichtig, unrelevant, die Situation egal

Es hatte aufgehört zu regnen und
die Welt war eins.


Das Glück

Glück ist etwas so vergängliches, dass ich bereits während des eigentlich von Glück durchtränkten Momentes, eine gewisse Melancholie verspüre, weil er sein Ende finden wird und mir das schmerzlich bewusst wird.

2009

Aller Anfang ist schwer

Seit Jahren habe ich es immer in meiner Tasche, dieses kleine schwarze Buch. Es hat mir die Hoffnung gegeben, wenn ich es nur dabei habe, dann könnte ich meine Gedanken erfassen und festhalten. Dass dies leider nicht immer der Fall ist, wurde mir schnell klar, aber trotzdem hat es meinen Weg begleitet. Ich schrieb unzählige Verse nieder. Heute bin ich soweit sie der Welt zu präsentieren. Sie mögen vielleicht nicht an das damals Gedachte herankommen, aber sie geben einen Einblick in meine Gedankenwelt - Eine Welt, deren Umriss mir gefällt.
Ob dieser Blog nun wirklich jemals gelesen wird oder nicht, ist eigentlich nebensächlich für mich. Ich schreibe zwar lieber mit Tinte auf Papier, aber ich habe erkannt, dass die Möglichkeit meine Gedanken festzuhalten durch eine Tastatur wesentlich erleichtert wird, auch wenn das Gefühl nicht ganz dasselbe ist. Und ich werde das kleine schwarze Buch trotz Laptop, Internet, Handy und Mediendauerbeschall weiterhin mit mir herumtragen, ist es doch mittlerweile ein Teil von mir geworden.

Wie auch immer,
Viel Vergnügen beim Lesen.