Montag

Novembermorgen

Schlaf gut, sagte er und küsste ihre Stirn. Sie vergrub ihr Gesicht in den Kissen, damit er ihre Tränen nicht sehen konnte. Erst als sie die Eingangstür zuschlagen hörte, hob sie ihren Kopf und wischte sich mit der Hand die verschmierte Wimperntusche aus dem Gesicht, auch auf dem Kopfkissen hatte sie Spuren hinterlassen. Sie seufzte und ließ den Kopf zurück in die Kissen fallen. Überall an ihrer Bettwäsche klebte sein Geruch. Die Bilder der letzten Nacht stiegen ihr schemenhaft ins Gedächtnis. Seine weichen Hände auf ihrer Haut. Seine Küsse, die soviel versprachen von dem sie wusste, dass er es nie einhalten würde.
Mühsam quälte sie sich aus dem Bett und streifte ihr altes Bandshirt über. Auf Zehenspitzen lief sie langsam über die kalten Fließen in die Küche. Sie holte die große gelbe Tasse aus dem Schrank und kochte Tee. Sie stellte ihn zum Abkühlen auf die Theke und sah aus dem Fenster.
Geschäftige Menschen, dachte sie. Auf der großen Straße vor ihrer Wohnung war trotz des frühen Morgens viel los.
Sie streckte sich und gähnte. Mit der Tasse Tee in der Hand schlich sie zurück ins Schlafzimmer. Sie fragte sich selbst, warum sie das so behutsam tat, es war niemand da, den sie wecken konnte.
Sie war allein. Nur sie und sein Geruch an ihren Bettlaken. An der Fensterscheibe hatten sich Wassertröpfchen gebildet, draußen herrschten bereits Minusgrade. Der Sommer war viel zu schnell vergangen und mit ihm schien auch ihre Leichtigkeit zu verblassen. Sie erinnerte sich an das geblümte Sommerkleid, dass er ihr im Juni in Italien gekauft hatte. Sie öffnete den Kleiderschrank und holte es heraus. Der seidige Stoff ließ sie das Gefühl von Sonne auf der Haut spüren. Sie dachte an sein Versprechen von damals. Wie hatte sie nur so naiv sein können. Sein Herz gehörte nicht ihr. Aber er hatte ihres gestohlen, wie ein Dieb. Er hatte ihr das Blaue vom Himmel versprochen und doch ließ er sie jeden Morgen allein zurück, das einzige was ihr jedes Mal blieb war sein Geruch und die Erinnerung an die Zeiten in denen sie noch an das Gute in ihm glaubte.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen